Erinnerungen an die Studentenzeit

Stand 2011 | Autor: Detlef Schmegel

Angekommen

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So ganz genau kann ich mich nicht mehr erinnern, in welcher Weise die Anmeldung als 'Neuer' erfolgte. Deshalb würde ich mich mich über Korrekturen oder zweckdienliche Hinweise freuen. Natürlich hatte man einen Zettel, wo man sich einzufinden hatte. Dort wurde einem ein Wohnheimzimmer zugeteilt und gleich die Bettwäsche überreicht. Wohnheim 2, Zimmer 229 stand auf dem Blatt Papier. Das ist der Bau, der links zu sehen ist. Wohnheim 2 Im Hintergrund das Wohnheim 9 der "Maschinenbauer" Das Zimmer war etwa 2,5m x 5m groß. Neben den zwei Doppelstockbetten gab es einen Schrank und Tische.
Jeder Flur hatte sowohl Gemeinschaftstoilette als auch -dusche, sowie eine Teeküche. Kühlschränke waren zur der Zeit noch Luxus. Im Winter konnte man am Fenster außen provisorisch angebrachte Halterungen zur Lagerung von Lebensmitteln nutzen. Im Sommer war die Vorratshaltung schwieriger.
Es war auch nicht notwendig, denn es gab mehrere Möglichkeiten die paar Lebensmittel frisch einzukaufen, entweder in der Kaufhalle Hohepfortestraße, Ecke Peter-Paul-Straße, gegenüber vom Nordpark, oder in der Jakobstraße.
In der zuletzt genannten Kaufhalle arbeitete eine junge, rothaarige Kassiererin, die auch dadurch auffiel, daß sie bei den großen Veranstaltungen der TH, wie Karneval immer dabei war.
Drei Kassen waren meist in Betrieb und an ihrer Kasse standen immer die meisten Leute. Nicht weil sie die hübscheste war, sondern mit Abstand die schnellste.
Bei ihr war man immer eher fertig, als an den anderen Kassen, unabhängig davon wie lang die Schlange war. Auf dem Hochschulgelände gab es auch noch einen "Konsum" in dem man Lebensmittel einkaufen konnte. Er war unten im "M"-Gebäude ?. Das war das Eckhaus neben dem Rektorat. Heute Gebäude 06 (siehe Plan).
Wie es heute aussieht, siehe: www.uni-magdeburg.de
Die Lagerung von Lebensmitteln am Fenster war natürlich gerade in der Übergangszeit problematisch. Machmal waren die Bewohner im Praktikum oder sonstwo und hatten Butter und Wurst im Fenster vergessen.
Der Frühling mit seinem warmen Sonnenstrahlen machte dann aus den Lebensmitteln ein übelriechhendes Feuchtbiotop.
Der schon vorher erwähnte 'Fimpel' (9LE2/70), erzählt, dass seine Seminargruppe erpflichtet wurde, zum DDR-Nationalfeiertag am 7.Oktober Fahnen aus den Fenstern des WH2 zu hängen.
Das war natürlich kein Problem.
Nach einigen Wochen wurden die Studenten daran erinnert, die Fahnen wieder einzuholen.
Diese wurden aber nicht abgehängt, zusammengelegt und sauber im Schrank gelagert, sondern als Unterlage für die Lebensmittel genutzt.
So waren sie beim nächsten besonderen Anlass wieder in Sekundenschnelle bereit und brauchten nicht erst langwierig im Schrank gesucht zu werden. Als zum 1. Mai wieder geflaggt werden sollte, hing die Fahne wirklich in Sekunden, sah aber aus, wie aus dem Mülleimer gezogen.
Das große Donnerwetter war nur eine Frage von Stunden.
Die Ausrede, "man hätte nicht gesehen dass ..." machte keinen Eindruck. Es blieb aber bei einer Verwarnung und dem Hinweis, dass man von Glück reden konnte, daß kein besonders meldefreudiger Genosse, den Lappen gesehen hat.
Soviel zum Thema Nationalstolz in der DDR. Die Geschichte beweist aber nicht, dass die Studentenschaft generell und grundsätzlich der DDR der Siebziger Jahre ablehnend gegenüberstand, eher abwartend. Doch dazu später mehr.
1971 war der kalte Krieg noch im vollen Gange.
Mit der Wahl Willy Brandts zum Bundeskanzler im Jahre 1969 und seinem Treffen mit Willi Stoph 1970 in Erfurt (Willy komm ans Fenster !!) gab es allerdigs Hoffnung auf eventuelle Erleichterungen.
Das Programm des DDR Rundfunks war zu der Zeit für junge Leute nicht besonders hörenswert.
Ab 1971 gab es Fortschritte. Erinnert sei an Franks Beatkiste Ein DDR-Sender, der offiziell kein DDR Sender sein konnte, denn er spielte gute Musik, war der "Deutsche Soldatensender". Alles war zwar streng geheim, aber jeder wusste, dass die Sendetürme in der Nähe von Burg, nordöstlich von Magdeburg stehen. Durch die in den Transistorradios eingebauten Ferritantennen, war eine genaue Senderpeilung möglich.
Wenn dies an zwei verschiedenen Standorten gemacht wurde, ergaben sich auf der Karte zwei Linien, die sich am Senderstandort kreuzten.
QSL Karte Soldatensender
Er sendete nicht nur die Musik, die man hören wollte sondern versuchte recht geschickt die Bundeswehrsoldaten zu verunsichern. Die Qualität der Argumentation war nicht zu vergleichen mit der primitiven Holzhammertaktik eines Karl Eduard von Schnitzler (Sudel-Ede). Der überaus grausame Vietnamkrieg, der seit Jahren Schreckensmeldungen lieferte, machte es den Moderatoren des Soldatensenders auch relativ leicht, die Überlegenheit der freien westlichen Welt, mit den USA als Führungsnation, in Frage zu stellen. Der "Deutsche Freiheitssender 904" fing immer dann an, wenn der Soldatensender schwieg.
Er war das Sprachrohr der im Westen verbotenen KPD, sendete mit der selben Technik, jedoch auf anderer Frequenz und war sterbenslangweilig. Da kamen nur relativ hirnlose Kommentare a la Schitzler und es gab keine Musik, von martialischen Fanfarenklängen und Trommelwirbel mal abgesehen.
Es war vermutlich ein Ergebnis der Brandt'schen Entspannungspolitik, verbunden mit einem Bündel DM-Scheinen, daß zuerst der Freiheitssender sang- und klanglos seinen Betrieb einstellte. Die Einschaltquote lag sowieso bei Null. Die einzigen Hörer waren wahrscheinlich die Sprecher selber und ein paar im Westen werkelnde Ostagenten, die mit gesendeten Meldungen wie "Achtung, Achtung wir rufen Auerhahn - Waldwiese hat kalte Füße" etwas anzufangen wussten. Mitte 1972 verstummte auch der Soldatensender. Zeitgleich wurden auch die vielen kleinen Störsender ausgeknipst ,die vorher lustig auf den RIAS-MW-Frequenzen herumzuwobbelten und uns DDRlern das Riashören verleiden sollten.   weiter